Interview zum Thema „Wurzelkanalbehandlungen und Revisionen“
Über Wurzelkanalbehandlungen und Revisionen kursieren einige Mythen, Erzählungen und offene Fragen. Licht ins Dunkel bringt Herr DS Peter Schmidt im Interview.
Herr DS Peter Schmidt ist Mitglied der deutschen Gesellschaft für mikroskopische Zahnheilkunde und zertifiziertes Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Endodontologie und zahnärztliche Traumatologie in der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung.
Herr Schmidt hat sich auf Endodontie, ästhetische Zahnmedizin sowie Funktionsanalyse und ‑therapie spezialisiert und spricht im Interview über die Besonderheiten von Wurzelkanalbehandlungen und Revisionen, über Erfolgsaussichten und Hintergründe.
Herr Schmidt, was ist eigentlich eine Wurzelkanalbehandlung und warum wird sie durchgeführt?
Schmidt: Das Weichgewebe in einem Zahn – landläufig als Nerv bezeichnet – ist die Zahnpulpa. Diese Pulpa kann durch eine tiefe Karies oder durch einen Unfall mit Bakterien infiziert werden und sich entzünden, bei weiter fortschreitenden Prozessen auch absterben. Die Bakterien dringen dann in den Kieferknochen ein, wo es zu einer Entzündung um die Wurzelspitze herum kommt. Die einzige Möglichkeit, einen so erkrankten und infizierten Zahn langfristig zu erhalten, ist die Wurzelkanalbehandlung. Die Grundlage ist, dass der voll ausgebildete Zahn auch ohne Pulpa voll funktionsfähig im Mund verbleiben kann.
Kommen die Patienten in der Regel rechtzeitig zu Ihnen?
Schmidt: Die eben beschriebenen Entzündungsprozesse verursachen irgendwann Schmerzen, so dass spätestens dann der Zahnarztbesuch stattfindet. Oftmals ist es dann für die Vitalerhaltung des Zahnes zu spät und eine Wurzelbehandlung wird nötig. Diese ist so ziemlich die letzte Möglichkeit, um den Zahn zu erhalten.
Ist die Behandlung kompliziert? Wie lange dauert sie?
Schmidt: Eine Wurzelkanalbehandlung ist in Abhängigkeit der Anatomie des Zahnes mehr oder weniger schwer zu meistern. Die Behandler sollten über das nötige Equipment und ausreichend fachliche Erfahrung verfügen. Die Behandlung ist in der Regel in einer Sitzung abgeschlossen. Ist dies nicht möglich, wird ein antibakterielles Medikament für einige Tage in das Wurzelkanalsystem eingebracht, bis die definitive Wurzelfüllung möglich ist.
Wovon hängt es ab, ob mehrere Sitzungen nötig sind?
Schmidt: Vom Ausgangsgrad der Entzündung um die Wurzelspitze herum. Fließt nach der Aufbereitung des Wurzelkanals noch Flüssigkeit aus dem Knochen nach und ist der Kanal dadurch nicht zu trocknen, kann er erst in einer folgenden Sitzung abgefüllt werden.
Wie empfinden die meisten Patienten die Wurzelkanalbehandlung? Haben sie während oder nach der Behandlung Schmerzen?
Schmidt: Moderne Techniken und Anästhetika erlauben heute fast immer eine schmerzfreie Behandlung. Jedoch kann der Zahn nach der Behandlung für kurze Zeit etwas empfindlich reagieren. Sollten stärkere oder andauernde Schmerzen auftreten, können wir reagieren.
Wie lange dauert ungefähr der Heilungsprozess nach einer Wurzelkanalbehandlung? Wann kann der Patient wieder voll zubeißen?
Schmidt: Wichtig ist, dass der Zahn nach etwa drei bis vier Tagen keine Beschwerden mehr macht. Nach der definitiven Versorgung mit einer Füllung oder einer Krone kann der Zahn auch sofort wieder voll belastet werden. Von einer vollständigen Heilung spricht man, wenn um die Wurzelspitze herum keine Entzündung mehr im Röntgenbild zu sehen ist. Dazu sollte man der körpereigenen Abwehr etwa ein Jahr Zeit geben.
Was hat der behandelte Zahn für eine Lebensdauer?
Schmidt: Ist der Zahn erfolgreich wurzelkanalbehandelt und hat eine der Defektgröße entsprechende Versorgung bekommen, liegt die Langzeitprognose nicht unter der vitaler Zähne.
Was kann der Patient tun, damit die Zeit, die er auf dem Behandlungsstuhl verbringt, möglichst angenehm und schnell vergeht?
Schmidt: Eine Wurzelkanalbehandlung dauert ja mindestens eine Stunde. Wenn der Patient sich dabei ablenken kann, vergeht die Zeit sicher schneller. Autogenes Training, Musik über Kopfhörer oder einfach nur „An-etwas-Schönes-Denken“ sind hilfreich.
Warum haben Sie sich gerade dieses Spezialgebiet ausgesucht?
Schmidt: Die Endodontie ist spannend. Sie wird durch die Unterschiedlichkeit der Wurzelkanalanatomie nie langweilig und bleibt somit immer eine Herausforderung.
Können Sie jeden Zahn wurzelbehandeln?
Schmidt:Technisch ist das auf jeden Fall möglich. Man sollte natürlich in Abhängigkeit von der Erhaltungswürdigkeit des Zahnes und der Gesamtplanung des Gebisses die Erfolgschancen und den Nutzen vorher abwägen.
Welche Alternativen gibt es zur Wurzelkanalbehandlung?
Schmidt: Die einzige Alternative ist die Entfernung des Zahnes. Um Folgeprobleme zu verhindern, wird eine prothetische oder implantologische Versorgung der dadurch entstandenen Lücke notwendig.
Wie sind die Erfolgsaussichten einer Wurzelkanalbehandlung?
Schmidt: Modernste Behandlungsmethoden und Techniken helfen uns, bei einer Erstbehandlung Erfolgsraten von etwa 90% zu erzielen. Die Erfolge bei Revisionen liegen etwa 10% niedriger.
Was ist eine Revision und wann ist sie nötig?
Schmidt: Bildet sich bei einem bereits wurzelkanalbehandelten Zahn eine erneute Infektion im Wurzelkanalsystem oder im Bereich um die Wurzelspitze aus, kann eine Zweitbehandlung den ausgebliebenen Erfolg doch noch erreichen. Wir sprechen dabei von einer Revisionsbehandlung.
Wurde bei Ihnen selbst schon einmal eine Wurzelkanalbehandlung durchgeführt?
Schmidt: Ja. Ich begab mich dazu in die Hände einer Kollegin hier in der Praxis. Sie hat das hervorragend gemeistert. Der Zahn ist nach wie vor schmerzfrei in meinem Mund.
Vielen Dank für das Interview, Herr Schmidt!
Weitere Informationen zu Wurzelkanalbehandlungen und Revisionen können Sie hier und im Beitrag „Was ist eine Wurzelbehandlung“ nachlesen. Wenn Sie weitergehende Fragen zu den Behandlungen haben oder einen Termin vereinbaren möchten, können Sie gerne mit uns Kontakt aufnehmen.